Falschdiagnose in der Krankenakte – was tun in der Berufsunfähigkeitsversicherung?

Eine der meist gestellten Fragen in unseren Beratungen ist, wie man mit falschen Diagnosen von Ärzten in der Krankenakte umgehen sollte.

Um herauszufinden, ob so eine Falschabrechnung vorliegt, muss man natürlich erstmal die Krankenakte anfordern. Ob das bei der Beantragung deiner Berufsunfähigkeitsversicherung wirklich Sinn macht, habe ich schon in diesem Artikel erklärt.

Nun hast du dich für die Beantragung deiner Krankenakte entschieden und hast solche Falschabrechnungen gefunden. Was also tun?

Aufarbeitung der Krankenhistorie

Bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung musst du Gesundheitsfragen beantwortet. Diese sollten wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet werden. Gibst du relevante Behandlungen nicht an, riskierst du deinen Versicherungsschutz. Somit sind wir uns schon mal einig, dass wir alle abgefragten Behandlungen angeben müssen!

Pauschal kann man sagen, das sind alle ambulanten Behandlungen in den letzten 5 Jahren und alle stationären Behandlungen in den letzten 10 Jahren. Wenn du das für dich zusammengetragen hast, bist du schon sehr gut aufgestellt.

Je nach Berufsgruppe und Alter gibt es auch vereinfachte Gesundheitsfragen, bei denen weniger und/oder nur die letzten 3 Jahre ambulant und die letzten 5 Jahre stationär abgefragt werden. Letzteres betrifft schon den überwiegenden Teil der BU-Anbieter.

Wie kommt es zu den Falschabrechnungen?

Aber kommen wir wieder zu den Falschabrechnungen. Nun hast du also so eine Falschabrechnung gefunden. Nehmen wir mal folgendes Beispiel aus unserer Praxis.

Die Kundin war damals, als sie die Berufsunfähigkeitsversicherung mit uns abgeschlossen hat, nicht mehr in psychotherapeutischer Behandlung. Die Behandlungen waren außerhalb des o.g. Abfragezeitraumes, also nicht mehr angabepflichtig.

Trotzdem sehen wir hier in der Akte auch nach Ende der Behandlung eine F32.0 Abrechnung vom Hausarzt. Warum ist das so?

Die Kundin hat eine Schilddrüsenunterfunktion und eine Allergie. Dass der Hausarzt die Allergie dauerhaft abrechnet, ist normal. Das ist auch nicht schlimm, eine bestehende Allergie muss immer im BU Antrag angegeben werden, auch wenn keine Behandlung vorliegt.

Wie kann man das Problem lösen?

Wegen der SD-Unterfunktion geht die Kundin regelmäßig zum Arzt und lässt ihr Blutbild prüfen und holt sich ihre Medikamente. Da gibt es also einen Arztbesuch und eine Behandlung, die wir angeben müssen. Also gehen wir hier wie folgt vor. Wir geben im Rahmen der Aufarbeitung der anonymen Risikovoranfrage die Behandlung an:

Monat/Jahr, Vorstellung beim Hausarzt wegen Schilddrüsenunterfunktion, Blutbild alle 1/2 Jahre, aufgrund Medikation L-Tyroxin Xmg/Tag sind die Werte in Ordnung, keine weiteren Beschwerden, Achtung: Der Arzt rechnet hier auch eine F Diagnose “Leichte depressive Episode” ab. Dies liegt bei der Kundin nicht vor und lag auch zum Abrechnungszeitpunkt nicht vor. Es handelt sich um eine Falschabrechnung

Somit haben wir die eigentliche Behandlung angegeben und auch die Tatsache der Falschabrechnung. Wenn man einen guten Draht zu seinem Arzt hat, kann man ihm oder ihr auch die Situation erklären und sich ein Attest ausstellen lassen. Dieses Attest legt man dann einfach bei der anonymen Risikovoranfrage mit bei.

Auch hier ein paar Beispiele aus der Praxis:

Screenshot

Bei diesem Kunden fanden sich mehrere Diagnosen eines Arztes, die so nicht der Wahrheit entsprochen haben. Der Arzt war so nett und hat ein Attest ausgestellt, was die Versicherer so anerkannt haben.

Dieser Kundin ging es ähnlich wie der Kundin aus dem ersten Beispiel. Es wurde in der Krankenakte eine Angststörung als Dauerdiagnose abgerechnet und das, obwohl sie 2014 nur einmal wegen psych. Beschwerden beim Arzt war. Auch hier hat der Arzt es mit dem Attest richtiggestellt.

Und hier noch ein Beispiel, typisch für Frauenärzte. Oft rechnen Frauenärzte F Diagnosen ab. Du setzt dich beim Vorsorgetermin zum Arzt. Er/sie fragt dich, wie es dir geht und du berichtest über Stress auf Arbeit o.ä.. Zack, nutzt der Arzt diese Aussage und rechnet eine F-Diagnose ab. Ob das richtig ist und der Frauenarzt überhaupt dazu befähigt ist, sowas zu tun ohne psychotherapeutische Ausbildung, darüber lässt sich sicher streiten.

Fakt ist, und das ist auch der Hauptgrund all der sinnlosen Falschdiagnosen, die Ärzte verdienen damit mehr Geld. Zur Pauschale kommen bei chronischen Erkrankungen dann doch nochmal rund 25Euro mehr, die der Arzt bei deinem Besuch bei ihm mit abrechnen kann. Das Problem liegt also am System.

Es gibt auch Menschen, die sagen, kein Problem, lasst doch die Diagnose aus der Krankenakte streichen. Das halte ich für Blödsinn! Sorry 🙂 Warum?

Was nützt es dir, wenn du die Diagnose aus der Krankenakte bei deiner gesetzlichen Krankenkasse streichen lässt, sie aber bei deinem Arzt noch drinnen steht. Abgesehen davon, geht das Löschen von Diagnosen nicht bei jeder gesetzlichen Krankenkasse. Und eines kann ich dir aus unserer über 20-jährigen Arbeit sagen, ein Arzt streicht keine Diagnose aus seiner Akte!

Wir haben jetzt also 2 gute Lösungen gefunden, um die Falschabrechnungen ordentlich aufzuarbeiten, wenn du deine Akte angefordert hast. Nicht alle Ärzte schreiben so einfach ein Attest, dann arbeiten wir mit Stellungnahmen und Fragebögen und versuchen so den Risikoprüfern, die Sachlage so klar wie möglich darzustellen.

Besser die Akte also nicht anfordern?

Das ist eine schwierige Frage. Wie schon oben im verlinkten Artikel erklärt, brauchst du sie nicht anfordern, wenn du weißt, wann du weswegen beim Arzt warst. Wenn du das nicht weißt, solltest du sie anfordern oder in der eAkte deine Arztbesuche einsehen.

Wenn du aber all deine Arztbesuche noch ohne Akte zusammentragen kannst, dann reicht das völlig aus. Denn nach Versicherungsvertragsgesetz bist du nur dazu verpflichtet, die dir bekannten Gefahrenumstände anzugeben. Nehmen wir also wieder unser 1. Beispiel.

Die Kundin weiß, dass sie 1/4-jährig zum Hausarzt geht bzgl. der Schilddrüsenunterfunktion. Also geben wir das genau so an.

Monat/Jahr, Vorstellung beim Hausarzt wegen Schilddrüsenunterfunktion, Blutbild alle 1/2 Jahre, aufgrund Medikation L-Tyroxin Xmg/Tag sind die Werte in Ordnung, keine weiteren Beschwerden

Jetzt drehen wir die Uhr mal nach vorne und sagen, die Kundin wird 8 Jahre später berufsunfähig. Was jetzt passiert ist, dass sich die Versicherung die Krankenakte und die Akte von allen Ärzten zieht. Dort wird die Versicherung auch die F Diagnose finden. Natürlich wird es dann Nachfragen von der Versicherung geben.

Da die Diagnose aber keinerlei Krankheitswert hatte, das heißt es gab keine Behandlung, keine Medikamente, keine Krankschreibung, keine Überweisung zum Psychologen, endet die Geschichte hier. Der Versicherer müsste nämlich der Kundin genau das nachweisen, dass es einen Krankheitswert gab. Und das kann die Versicherung nicht!

Die Versicherung kann und darf niemals von dir verlangen, dass du alle Diagnosen deiner Arztbesuche kennst. Sie verlangt aber, dass du alle Behandlungen und Beschwerden, die im Antrag abgefragt werden, angibst.

Falschabrechnungen, die wirklich Probleme machen!

Ich nehme dich nun aber mal zu einem Beispiel mit, bei dem es nicht so einfach ist. Ein Kunde hat regelmäßig Schmerzen in den Gelenken. Er geht zum Arzt und es wird ein Blutbild gemacht. Der Hausarzt rechnet hier nun den Verdacht auf Rheuma ab und bespricht das auch so mit dem Patienten. Je nachdem, wie die Werte dann ausfallen, wird der Patient zu einem Facharzt überwiesen. Die Verdachtsdiagnose darf der Arzt hier auch so abrechnen, das ist also keine Falschabrechnung.

Wenn du nun der o.g. Kunde bist und zu uns kommst, solltest du die Sache genau so erzählen. Wenn du das tust, würden wir dir sagen, dass wir nun die Blutwerte und alles Weitere abwarten müssen und aktuell kein Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung möglich ist.

Es liegt aber in der Natur des Menschen, genau bei solchen Arztbesuchen plötzlich wach zu werden und sich zu denken: “Jetzt schließe ich aber doch mal schnell eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab!” Man sucht sich eine Beraterin oder einen Berater aus, gibt den Arztbesuch an, aber erzählt überhaupt nichts von der Rheumathematik. Im schlimmsten Falle verharmlost man noch den Arztbesuch und sagt, man habe nur einmalig Gelenkbeschweren gehabt und dann war es auch wieder gut.

Tja und wenn das dann so abläuft, dann kracht es eben, wenn es zum BU-Leistungsfall kommt! Auch hier zieht sich die Versicherung die Akte, sieht die Verdachtsdiagnose und darf die Leistung verweigern.

Fazit

Du siehst also, wie umfangreich, aber auch individuell dieses Thema ist. Es gibt Falschabrechnungen, die sehr einfach aufzuarbeiten sind. Es gibt aber auch welche, da kann es kompliziert werden, je nachdem ob ein Krankheitswert/Beschwerden vorhanden sind oder eben nicht.

Fakt ist, ohne einen Profi zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung solltest du niemals dieses Thema angehen. Ich verspreche dir, wenn du deine Akte anforderst und denkst, diese selber aufarbeiten zu wollen, wirst du sie irgendwann zur Seite legen und das Thema bis in alle Ewigkeit vertagen.

Buche dir einen Termin bei uns, und wir arbeiten im Erstgespräch deine Krankenakte in Ruhe auf. Forderst du deine Krankenakte an, bereiten wir diese perfekt für den Termin vor. Forderst du sie nicht an, wissen wir sehr genau, wo wir nachfragen müssen bzw. welche Fragen wir dir stellen müssen.

Verharmlose aber nie Beschwerden oder Behandlungen, weil du unbedingt eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen willst. Das ist einer der größten Fehler, die du machen kannst!

11.03.2025 | Berufsunfähigkeitsversicherung, Vor dem BU-Versicherungsantrag

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