Es kommt nicht selten vor, dass sich Interessentinnen und Interessenten bei uns melden und noch schnell eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen wollen, bevor sie eine Psychotherapie starten.
Ich mach es mal kurz, das geht nicht! Warum das so ist, erkläre ich dir im heutigen Beitrag.
Beschwerden und Behandlungen
Ich denke wir sind uns einig, dass eine geplante Psychotherapie deswegen geplant wird, weil du wegen einem Thema Probleme und/oder Beschwerden hast. Das können Themen aus der Vergangenheit sein (Kindheit, Partnerschaften) die aufgearbeitet werden wollen oder akute Probleme im Hier und Jetzt. Fakt ist, wenn du diese Beschwerden nicht hättest, bräuchtest du die Therapie kurzfristig nicht.
Im Antrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung fragen die Versicherer, ob du in den letzten Jahren (meist 3 oder 5 Jahre) Probleme/Beschwerden hast oder hattest oder in Behandlung warst wegen psychischen Themen. Ein Laie mag diese Fragen oft so lesen, dass hier nur nach Beschwerden und Behandlungen in der Vergangenheit gefragt wird. Mit den folgenden Beispielen möchte ich dir aber zeigen, dass dem nicht so ist.
Beispiel 1:

Hier wird nach Erkrankungen und Störungen gefragt, die man hatte aber am Ende der Frage wird eben auch gezielt nach geplanten Behandlungen gefragt. Somit wäre die Therapie hier angabepflichtig.
Gleichzeitig fragt der Versicherer in einer weiteren Frage, ob aktuell Gesundheitsstörungen oder Beschwerden bestehen, weswegen du nicht beim Arzt warst. Konkret fragt er hier nach psychischen Erschöpfungszuständen und Angstzuständen und Abnahme der psychischen Belastbarkeit.

Beispiel 2:

Auch hier wird im ersten Teil der Frage nur nach vergangenen Behandlungen gefragt, später dann aber auch nach Beschwerden in den letzten 3 Monaten ohne Arztbesuche. Diese werden nicht durch eine Aufzählung konkretisiert. Hier ist also alles anzugeben!
Dazu fragt der Versicherer in der Frage nach der Psyche nicht nur nach Behandlungen, sondern allgemein nach Krankheiten der Psyche. Beschwerden sind hier also auch immer anzugeben!

Beispiel 3:

Auch dieser Versicherer fragt in seinem Antrag nach bestehenden Beschwerden ohne Arztbesuche der letzten 3 Monate. Hier wieder konkret nach Angstzuständen, Psychischen Erschöpfungszuständen und Abnahme der psychischen Belastbarkeit.
Beispiel 4:

Ähnlich wie bei den anderen Beispielen wird auch hier nach Beschwerden in den letzten 3 Monaten vor Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung gefragt. Auch hier ist deine geplante Therapie anzugeben, wenn du ehrlich bist. Die Aufzählungen hier sind nicht vollständig, da der Versicherer mit …“Wie z.B.“ beginnt.
Beispiel 5:

Auch hier wird, wie bei den anderen Beispielen auch, nach Beschwerden ohne Behandlungen gefragt. Eine Eingrenzung der Themen erfolgt nicht.
Wie soll der Versicherer das denn rausfinden?
Auch diese Frage wird uns dann oft gestellt, wenn wir das o.g. Szenario erklären. Nach den Beispielen sind wir uns sicher erstmal einig, dass deine geplante Therapie im Antrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung angegeben werden muss. Machen wir dies dann also, wird der Versicherer dich vorerst nicht versichern. Das passiert immer, wenn Behandlungen geplant sind (nicht nur wegen der Psyche) oder Therapien noch laufen. Der Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung ist bei einer laufenden oder geplanten Therapie nicht möglich. Danach schon! Lies dir dazu gerne diesen Beitrag durch.
Gibst du jetzt die geplante Behandlung nicht an, kann folgendes passieren:
Du gehst dann also zum Therapeuten und stellst dich dort mit Problem X vor, welches seit 6 Monaten oder 4 Monaten oder 2 Jahren besteht. Der Therapeut notiert das so. Es steht nun in seiner Akte. Irgendwann wirst du berufsunfähig. Der Versicherer zieht sich dann alle Arztdaten und Behandlungen. Somit wird er auch bei deinem Therapeuten fündig und findet dort wiederum den oder die Berichte, die aussagen, dass du schon ein paar Monate vor dem Abschluss deiner Berufsunfähigkeitsversicherung Beschwerden hattest die angabepflichtig waren. Der Versicherer leistet nun nicht. Und da ist es auch egal, ob der Grund deiner Berufsunfähigkeit dann was mit der Psyche zu tun hat oder nicht.
Was versicherbar ist?
Natürlich bist du versicherbar, wenn du aktuell keine Beschwerden hast oder Behandlungen planst. Es gibt Situationen, da schließt man zum 1.4. eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab und ist völlig gesund und am 1.6. muss man den Leistungsantrag stellen, weil man wegen einem schweren Schicksalsschlag völlig aus der Bahn geworfen worden ist oder nach 6 Monaten im neuen Job mit einer 70h Woche im Erschöpfungssyndrom landet.
Ebenfalls haben wir auch Kundinnen und Kunden, die z.B. 1 Jahr nach Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Therapie beginnen, weil sie eine ADHS Diagnose erhalten haben, von der sie zum Zeitpunkt des Abschlusses der Berufsunfähigkeitsversicherung noch nichts wussten.
Oder eben eine echt miese Beziehung hinter sich haben und nun eine ggf. vorhandene Bindungsstörung o.ä. aufarbeiten wollen. Auch das stand zum Zeitpunkt des Abschlusses der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zur Debatte.
Was also in den nächsten 1,2 oder 3 Monaten kommt, weiß keiner von uns. Das verlangen wir auch nicht von dir und der Versicherer auch nicht. Ausschlaggebend ist, ob du JETZT Beschwerden hast!
Bleib bei der Wahrheit!
Wir erleben es nicht selten, dass Kundinnen und Kunden bei der Aufarbeitung ihrer Krankenhistorie versuchen, gewisse Dinge klein zu reden. „Das ist doch alles nicht so schlimm“ oder „Warum müssen wir das denn angeben?“ u.s.w.!
Im Leistungsfall passiert dann aber das Gegenteil. Alles ist plötzlich ganz schlimm und soll dazu führen, nicht mehr arbeiten gehen zu können und am besten sofort die Berufsunfähigkeitsrente von der Versicherung zu erhalten.
Beides ist blöd! Bleib immer bei der Wahrheit. Versuche nichts runterzuspielen oder zu vertuschen, nur weil du jetzt unbedingt noch die Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen willst.
Du willst doch am Ende auch einen Vertrag haben, auf den du dich im Leistungsfall verlassen kannst?
Solltest du jetzt also in der Situation sein, kurz- oder mittelfristig eine Therapie zu planen, weil du Probleme und/oder Beschwerden hast, dann mach diese Therapie. Dein Wohlbefinden geht vor. Nach dem Abschluss der Therapie und mit etwas Abstand, können wir uns dann um deine Berufsunfähigkeitsversicherung kümmern.