Heute steigen wir etwas tiefer in das Kleingedruckte der Berufsunfähigkeitsversicherung ein und zeigen dir, was die abstrakte Verweisung und die konkrete Verweisung denn ist.
Mit beiden Klauseln hätte der Versicherer theoretisch die Möglichkeit die BU-Zahlung abzulehnen oder einzustellen. In der Praxis sollte das aber nur sehr selten vorkommen.
Die abstrakte Verweisung
Bei über 90% der Verträge, die du 2024 abschließen kannst, ist die abstrakte Verweisung nicht mehr enthalten. Als 2002 das Thema private Berufsunfähigkeitsversicherung ins Rollen kam, gab es noch recht viele Tarife, die den Verzicht auf die Abstrakte Verweisung nicht mitversichert haben. Das hat sich zum Glück über die Jahre geändert und heute gibt es nur noch eine Handvoll Tarife, die das enthalten.
In der Praxis bedeutet diese Klausel, dass der Versicherer dich im Falle einer Berufsunfähigkeit in jeden anderen Beruf verweisen darf. Wirst du also in deinem Beruf als Marketingmanager berufsunfähig, könnte der Versicherer sagen: “Ok, Marketingmanager geht nicht mehr, das tut uns leid, aber im Callcenter ist es schon noch möglich für Sie zu arbeiten!”. Ziemlich blöde Klausel, denn du hast keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten und dem Versicherer ist es auch völlig egal, ob der Arbeitsmarkt da was für dich hergibt.
Ich möchte aber anmerken, dass das genau die Situation ist, die der Staat bei Erwerbsminderung für dich vorsieht. Hier darfst du immer verwiesen werden. Deswegen ist es so unwahrscheinlich, im Falle einer Berufsunfähigkeit Geld vom Staat zu bekommen.
Hast du den Verzicht auf die abstrakte Verweisung mitversichert, passiert das nicht. Wirst du als Marketingmanager berufsunfähig, erfolgt keinerlei Verweisung in einen anderen Beruf. Du bist also immer in deinem zuletzt ausgeübten Beruf versichert. In unserer BU-Beratung ist der Verzicht auf die abstrakte Verweisung in allen Tarifen enthalten, die wir dir vorstellen. Du kannst dich also entspannt zurücklehnen.
Die konkrete Verweisung
Die konkrete Verweisung kann eintreten, wenn du zwar berufsunfähig bist, aber selber entscheidest einen anderen, gleichwertigen Beruf auszuüben. Der Versicherer kann dich dann konkret verweisen und die BU-Zahlung einstellen, da du ja wieder arbeitsfähig bist. So einfach geht es aber nicht.
Anders als bei der abstrakten Verweisung geht es hier nicht um irgendeine andere Tätigkeit, sondern um eine Tätigkeit, die der Ausbildung und Erfahrung und der bisherigen Lebensstellung entspricht.
Wichtig ist erstmal, dass du diese Tätigkeit freiwillig ausübst, der Versicherer kann dich also nie dazu zwingen. Das kommt dann also nur vor, wenn du entweder deine BU-Rente zu niedrig angesetzt hast und irgendwie arbeiten musst, damit du über die Runden kommst oder du so gesund bist, dass du wieder voll arbeiten gehen möchtest.
Weiterhin muss es eine Tätigkeit sein, die deiner vorherigen Lebensstellung entspricht. Arbeitest du also nur in einem Minijob oder Teilzeit, wird dir das nicht passieren. BU-Rente aufbessern ist also kein Problem.
Vorherige Lebensstellung bedeutet, du musst zum einen in deinem neuen Job ein ähnliches Gehalt haben wie vorher. Weiterhin aber auch die selbe soziale Wertschätzung. Und das ist nicht zu unterschätzen. Arbeitet also der Marketingmanager aus dem o.g. Beispiel jetzt freiwillig in der Firma seines Freundes und macht ein paar Stunden in der Woche einfache Bürotätigkeiten, entspricht das natürlich nicht der selben Lebensstellung wie im vorherigen Beruf und der Versicherer darf die Klausel nicht anwenden.
Ein weiteres Beispiel aus der Praxis
Ein Tischler ist aufgrund eines Unfalls berufsunfähig. Er fiel mit Ende 20 von einem Vordach und verletzte sich am Rücken so stark, dass er als Tischler nicht mehr arbeiten darf. Im normalen Leben sieht man ihm die Einschränkung nicht an, er kann seinen Alltag normal bestreiten, darf aber nicht mehr schwer heben und körperlich anstrengende Tätigkeiten ausüben. Seine Berufsunfähigkeitsversicherung leistet jeden Monat.
Wenn sich dieser Kunde mit Ende 20 also nun dazu entschieden hätte, eine Umschulung oder ein Studium zu einem neuen Beruf zu machen, z.B. als Techniker, und danach wieder voll ins Arbeitsleben einzusteigen, dann hätte die Versicherung ab Beginn der neuen Tätigkeit in Vollzeit die BU-Leistung eingestellt. Der Versicherer verweist also konkret auf die neue Tätigkeit als Techniker.
Die zumutbare Einkommensminderung beim neuen Job darf meist nicht höher als 20% sein. Verdienst du also in deinem neuen Job weniger als 80% aus dem vorherigen Job, musst du dir keine Sorgen machen. Du darfst arbeiten gehen, bekommst aber trotzdem deine BU-Rente weiter ausgezahlt. Die Klausel findet keine Anwendung.
Welche Tarife enthalten den Verzicht auf die konkrete Verweisung
In der Praxis ist es so, dass du bei 99% der BU Tarife die konkrete Verweisung in deinen Bedingungen hast. Bist du also berufsunfähig in deinem Beruf und entscheidest dich früher oder später wieder zu 100% im selben Beruf und zum selben Gehalt arbeiten zu gehen, dann darf die Versicherung die Leistung einstellen.
Aus meiner Sicht ist das eine faire Klausel, denn entweder kannst du nicht mehr arbeiten, dann bekommst du deine BU-Rente, oder du kannst arbeiten. Warum sollte dir die Versicherung also eine BU-Rente zahlen, wenn du eigentlich nicht berufsunfähig bist.
Fazit:
Vor allem die konkrete Verweisung wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas kompliziert. Im Grunde brauchst du dir aber nur darüber im Klaren zu sein, dass du keine BU-Rente mehr bekommst, wenn du dich freiwillig dazu entscheidest im selben Beruf wieder arbeiten zu gehen mit einem Einkommen von mind. 81% des vorherigen Einkommens. Wenn du das machst bzw machen kannst, dann kann ich dir eigentlich gratulieren. Denn das sollte überwiegend nur dann möglich sein, wenn du wieder gesund bist. Und dann brauchst du ja die BU-Rente eigentlich auch nicht mehr.
Wenn du im Falle einer Berufsunfähigkeit nicht in die Situation kommen möchtest, nebenbei arbeiten gehen zu müssen, achte darauf, dass deine BU-Rente immer hoch genug ist.